Pandoracloud: Ein innovativer Ansatz für klimaneutrales Cloud Hosting

Jannik Zinkl
Jannik Zinkl
  • 2023-03-03
  • 15 min to read
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Der Betrieb des globalen Internets ist teuer - und sehr energieaufwändig. Das wissen die meisten und es wird als eine feste Konstante angesehen. 2018 waren Rechenzentren in der EU für 2,7% des Stromverbrauchs verantwortlich - mit einer Steigerung von voraussichtlich 200% zwischen 2020 und 2030 [1]. Es gibt dabei viele Ansätze, um hier gegenzusteuern, jedoch ist es ein Fakt, dass eine digitalisierte Welt auch einen enormen Energiehunger hat. Durch den immer breiteren Einsatz von "Künstlicher Intelligenz" (KI) exponentiert sich dieser Trend weiter. Allein für das Training des GPT-3-Modells werden für einen kompletten Durchlauf mindestens 500 Tonnen CO₂ emittiert.[2]

Durch moderne Rechenzentren, spezialisierte Hardware und bessere Ausnutzung dieser, angepasste Kühlung und den Bezug von Ökostrom können Betreiber von Datenzentren Optimierungen vornehmen, die den CO₂-Ausstoß reduzieren. Im Allgemeinen wird versucht, 24/7 eine möglichst hohe Auslastung aller Server zu erreichen. Weiterhin haben Kunden immer Service-Level Agreements von 99,99% oder höher für nahezu alle Dienste, die von Cloud-Anbietern bezogen werden können. Das Problem hierbei ist, dass dadurch ein sehr durchgängiger Energieverbrauch entsteht, welcher Gegenläufig zu dem eher volatilen Angebot an erneuerbarer Energie ist.

Demand-side management im Energiesektor

Durch den immer stärkeren Zubau von erneuerbaren Energien, wie Wind und Solar, ändert sich das Marktmodell komplett. Das Konzept, dass “Angebot und Nachfrage” den Preis bestimmen gilt auch weiterhin. Nur kann die Angebotsseite in den nächsten Jahren kaum mehr gesteuert werden - tagsüber produzieren alle Solarpanele Energie, wenn der Wind weht, produzieren alle Windparks Strom. Konventionelle Kraftwerke können entsprechend der aktuellen Nachfrage sehr flexibel an und abgeschalten werden, was sie auch für Kraftwerksbetreiber so profitabel macht. Durch das kontrollierte An- und Abschalten konnte sich das Stromnetz gut stabilisieren lassen und die Nachfrage immer mit dem Angebot synchronisiert werden. Die volatilen Erneuerbaren sind hier eine neue Herausforderung für unsere Stromnetze. Das lässt sich auch über die sog. “Entenkurve” (Duck Curve) visualisieren:

Visualisierung von: https://www.synergy.net.au/Blog/2021/10/Everything-you-need-to-know-about-the-Duck-Curve

Visualisierung von: https://www.synergy.net.au/Blog/2021/10/Everything-you-need-to-know-about-the-Duck-Curve

Tagsüber sinkt die Last auf die Netze immer mehr, da regenerative Energien viel Strom einspeisen. Richtung Abend nimmt dann schlagartig die Einspeisung von Solar ab, was zu einem immer größer werdenden “Peak” führt, der von konventionellen Kraftwerken abgefangen werden muss. Da man also bei den Erneuerbaren das Angebot schwer steuern kann, wird in den nächsten Jahren immer weniger Geld mit der Erzeugung von Energie verdient werden - sondern vor allem mit der Kontrolle der Nachfrage.

[…]in den nächsten Jahren wird kaum mehr Geld mit der Erzeugung von [..] Energie verdient - sondern vor allem mit der Kontrolle der Nachfrage.

Das nennt sich “Demand-Side management” oder “Demand Shifting” und beinhaltet z.B. auch die Betreiber von Energiespeichern oder alle anderen Methodiken, mit der man die Verbraucher dazu bringen kann, weniger Strom zu Spitzenzeiten zu konsumieren, sondern synchronisiert an die Erzeugung von erneuerbaren Energien. Das Marktmodell ist hierbei sehr simpel - Angebot und Nachfrage kommen zu einem Strompreis, der an der Börse gehandelt wird. Um die Netze zu stabilisieren, wird man zu manchen Zeiten sogar bezahlt, wenn man Strom verbraucht [3].

Es gibt hier schon viele Ansätze um vor allem Privatverbraucher zu belohnen, wenn sie ihr Verhalten anpassen - das Laden eines E-Autos zu günstigeren Zeiten ist hier ein passendes Beispiel. Diesen Ideen folgend sollte also auch die Last von Rechenzentren nicht stabil sein, sondern sich möglichst stark nach dem Angebot an Erneuerbaren ausrichten.

Im Folgenden haben wir hierfür eine Lösung ausgearbeitet, die sich “Pandoracloud” nennt.

Lösungsansatz “Pandoracloud”

Das Projekt Pandoracloud ist ein Ansatz für klimaneutrales Cloud Hosting. Dabei wird nicht mehr nur auf Serverebene durch Kühlungen, energieeffizientere Server usw. gearbeitet, sondern ein Level höher auf Anwendungsebene. Durch modernes Demand Management sollen IT-Workloads an das Angebot von erneuerbaren Energien angepasst werden. Wir hoffen, dass dadurch das Internet dem Trend des Lastausgleichs in der Industrie und in Privathaushalten folgen wird.

Vision

Unser Ziel ist es, den Energieverbrauch von digitalen Dienstleistungen an das Angebot von grünem Strom anzupassen, um das Internet CO₂-neutral zu gestalten.

Funktionsweise

Workload Shifting

Durch die Implementierung von globalem Workload / Demand shifting können asynchrone Workloads wie das Trainieren von Machine-Learning-Modellen, die Integration von Pipelines, Datenpipelines und mehr in klimaneutralen Zeiten und in entsprechenden Rechenzentren durchgeführt werden. Hierbei werden EE-Überschüsse abgefangen, zum Beispiel indem Windstromüberschüsse in Norddeutschland nachts genutzt werden. Dies ermöglicht nicht nur eine effiziente Nutzung von Energiequellen, sondern trägt auch zur Reduzierung der Umweltbelastung bei, indem der CO2-Fußabdruck minimiert wird.

CO₂ Monitoring

Eine Möglichkeit zur Verbesserung unserer Umweltbilanz besteht darin, den CO₂-Ausstoß jedes Requests, der durch unser Netzwerk läuft, zu überwachen und zu schätzen. Dabei ist es wichtig, den Einfluss jeder Anfrage auf das Klima transparent darzustellen. Durch das Schaffen eines Bewusstseins für den CO₂-Fußabdruck des Internets können wir die Nachfrage nach grünem Hosting steigern. Wir sollten uns dafür einsetzen, dass ökologisch nachhaltige Infrastruktur zu einem Statussymbol wird und ähnlich wie grünes Banking von Verbrauchern geschätzt wird.

Green Routing

Durch den Einsatz von automatisiertem Request-Routing wird eine ökologisch nachhaltigere Verarbeitung in den Rechenzentren erreicht. Dabei wird ein komplett neuer Ansatz verwendet, der nicht wie bisher auf möglichst schnelle Antwortzeiten, sondern auf eine möglichst grüne Verarbeitung setzt. Längere Ladezeiten werden dabei bewusst in Kauf genommen, um die CO₂-Bilanz zu verbessern. Beispielsweise können Requests innerhalb Europas bevorzugt nach Finnland statt nach Irland geroutet werden, um umweltfreundlicher zu agieren. Ein Beitrag zur Schonung der Umwelt wird damit geleistet.

Quellen

[1] https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/QANDA_22_6229

[2] https://towardsdatascience.com/the-carbon-footprint-of-chatgpt-66932314627d

[3] https://www.next-kraftwerke.de/wissen/negative-strompreise#:~:text=Negative Strompreise können seit 2008,für seinen eingepreisten Strom bezahlen.

Jannik Zinkl
Jannik Zinkl

Entrepreneur & Cloud Architect with a passion for Climate Tech